„Öpfelrösti“, hauchte Frau Moser, ihr Blick hing an den goldbraunen Scheiben in der Pfanne. „Meine Mutter nannte es ’Gnödeli’ – eine Mahlzeit, wenn man nichts wegwerfen wollte. Trostessen.“
Jolanta, mit der Pfannenwender in der Hand, lachte. „Ach, Frau Moser, in Polen kennen wir so etwas auch! Suchary oder Czerstwe Pieczywo – altes Brot wird immer zu etwas Neuem, etwas Gutem. Es ist die Magie der Hauswirtschaft!“
Die Zubereitung war ein perfekt eingespieltes Ballett der Generationen: Frau Moser sass am Tisch und überwachte jeden Schritt mit der Präzision einer Dirigentin.
„Schneller, Jola, die Brotwürfel müssen braun werden, nicht nur trocken!“, ermahnte sie liebevoll.
„Wird gemacht, Generalin Moser!“, erwiderte Jolanta grinsend, während sie die Brotwürfel aus der Pfanne holte.
Dann kamen die Äpfel, Rosinen, Zucker und Zimt. Als Jolanta die Mischung in der Butter brutzeln liess, erfüllte ein herrlicher, weihnachtlicher Duft den Raum. Frau Moser schloss die Augen. „Das ist es. Das ist der Geruch von damals“, murmelte sie.
Nachdem der Apfelsaft beigegeben war, blickte Jolanta fragend zur Seniorin. „Frau Moser, im Rezept steht, wenn Sie es knusprig mögen, soll ich den Saft offen einkochen lassen. Mögen Sie es knusprig? Ich weiss, Sie mögen es knusprig!“
Frau Moser nickte mit ernstem Gesicht. „Ja, Jola. Ein bisschen Knuspern im Leben muss sein. Sonst wird alles zu weich.“
Dieser Satz – Ein bisschen Knuspern im Leben muss sein – hallte in Jolanta nach. Es ging nicht nur um Brotreste. Es ging um Frau Mosers Geist, der sich weigerte, durch ihre körperliche Schwäche weich zu werden.
Als Jolanta schliesslich das geröstete, knusprige Brot zu der nun leicht karamellisierten Apfelmischung gab und alles vermischte, war das Ergebnis ein Gedicht. Sie servierten es mit einer grosszügigen Prise Zimtzucker und einem Klecks Joghurt.
Sie sassen nebeneinander am Küchentisch. Frau Moser nahm den ersten Löffel. Die Augen wurden ihr feucht, nicht aus Trauer, sondern aus Dankbarkeit.
„Perfekt, Joasia“, sagte sie leise. „Knusprig genug. Genau wie bei meiner Mutter. Ich danke Ihnen, dass Sie mir das zurückgebracht haben.“
Jolanta lächelte, ihre Hand ruhte kurz und warm auf Frau Mosers Arm. „Frau Moser, Sie haben mir gezeigt, wie man aus altem Brot und ein paar Äpfeln ein kleines Stück Heimat macht. Es ist unsere Öpfelrösti, knusprig und süss. Und es ist mir eine Ehre, Ihr starker Arm in der Küche zu sein.“
An diesem Morgen schmeckte das einfache Gericht nicht nur nach Zimt und Äpfeln, sondern vor allem nach der süssen, unerwarteten Harmonie einer Freundschaft, die aus Fürsorge und einem geteilten Appetit auf das Leben entstanden war.